Allen, die eine Zusammenfassung der Veranstaltung suchen, seien die Videomitschnitte auf der offiziellen Website und die Blogbeiträge anderer empfohlen. Unter anderem Marc Thiele, Bianca Kastl, und Eva-Lotta Lamm haben in den vergangenen Jahren lesenswerte Beiträge über die Konferenzen geschrieben beziehungsweise gezeichnet. Entsprechende Links werde ich später ergänzen. Aber zunächst möchte ich hier einige meiner persönlichen Noitzen teilen, die ich ganz bewusst als spontane Momentaufnahme (一期一会) verstehe.
Andere Artikel (Work in Progress, wird noch ergänzt):
Cabeza Patata — positive Neinsager
Cabeza Patata ist die Designagentur eines Paares, das sich bewusst gegen einige übliche Arbeitsweisen ihrer Branche entschieden hat. Auf große Büroräume, Personal und andere Agenturen als Zwischenhändler konnten Katie and Abel bisher verzichten. Ihre animierten Figuren leben von der ungewöhnlichen Mischung aus realen und virtuellen Elementen, die unter anderem für Google und Spotify zum Einsatz kam. Ihre künstlerischen Experimente jenseits von unmittelbarer kommerzieller Verwertbarkeit, Home Office in London, Barcelona aber auch außerhalb der Großstadthektik auf den Kanarischen Inseln oder unterwegs im VW-Bus, all das beweist, dass es tatsächlich möglich ist, Träume wahr werden zu lassen ohne sich dadurch automatisch gegen eine erfolgreiche berufliche Karriere zu entscheiden.
Ratschläge des 24 Jahre alten Ichs
Die Macht eigener Entscheidungen war eines der wiederkehrenden Themen der Veranstaltung. Unsere scheinbare Unfreiheit entsteht oft schon dadurch, dass wir unsere eigenen Möglichkeiten nicht erkennen. Das Wort „agency“ steht im englischen nicht nur für eine Agentur oder ein Amt, sondern bedeutet auch, etwas bewirken zu können und zu dürfen. Somit könnte ich die Botschaft einiger Vorträge in dem unübersetzbaren Satz zusammenfassen: „Don’t give up your agency as a freelancer by collaborating with an agency.“ Cabeza Patata blieben nach ihrer Entscheidung gegen klassische Agentur unbehelligt von einigem Stress, der für viele zur täglichen Arbeit dazugehört: Verwaltungskram, Missverständnisse und Konflikte durch zu viele Stakeholder, die uns oft mehr und mehr den Spaß an der Arbeit verderben.
„Maker“ ist noch so ein Wort mit mehreren Bedeutungen. Aaron Walter war nicht die Art von „Maker“ die ich erwartet hätte, dafür aber Jude Pullen, der mit experimentellem und nützlichem Produktdesign unter anderem dafür sorgte, dass seine Kunden trotz Behinderungen Musik machen oder anderen die Haare schneiden können.
Dem Work-Happiness Report 2022 zufolge überlegen 66% der befragten, ihren aktuellen Job zu kündigen um glücklicher zu werden. Aaron Walter berichtete, wie er durch einen mehrjährigen engagierten Arbeitseinsatz bei einem erfolgreichen Startup seine Hobbys und seine Persönlichkeit verlor und wie er seine Midlife-Crisis dadurch überwand, seine „Maker“-Wurzeln wiederzuentdecken. Inspiriert vom Blick zurück stellt er seinen Interviewgästen gerne die Frage, welchen Ratschlag deren 24-jähriges Ich ihnen in der heutigen Situation geben würde.
Lost in Translation — Barrierefreiheit und unsichtbare Animationen
Barrierefreiheit war ein weiteres der Thema, das sich wie ein roter Faden durch die ganze Veranstaltung zog. Neben den technischen Aspekten wie semantisch korrektem HTML-Markup und der richtigen Verwendung von ARIA-Atrributen, die die Bedienung von Websites mit Screen Readern sicherstellen soll, zeigten Léonie Watson und Manuel Matuzović anhand praktischer Beispiele, wie viele Design- und Usability-Entscheidungen Barrierefreiheit vernachlässigen. Manuel erzählte eine lustige Anekdote von einer österreichischen Website, die wegen eines falschen Language-Attributs Opfer einer ungefragten automatischen Übersetzung im Chrome-Browser wurde, der den Wiener Stadtbezirk „Simmering“ allzu wörtlich mit „sieden“ übersetzte. Vasilis van Gemert vertrat eine kontroverse Einstellung gegenüber semantischem Markup und karikierte die typische gefühllose Screen-Reader-Stimme, bei der sich alle Webseiten gleich anhören, egal ob es um Comics mit süßen Einhörnern oder um die Musik einer Death-Metal-Band geht. Als Antwort darauf erschuf er „unsichtbare Animationen“, die ich hier nicht spoilern möchte.
`* + *` — Owl-Selector und CSS-Diskussionen
Ein süßer neuer Laptopaufkleber, nicht offiziell und auch kein Einhorn, war die ASCII-Art-Eule zu Ehren des „Owl-Selectors“ `* + *`, den mir Nils Binder zusteckte. Unsere anschließende Diskussion setzte sich für mich am nächsten Morgen fort, als ich den größten Teil des Taks von Stephanie Eckles verpasste. Dank der diesjährigen Livestreams konnten auch die Volunteers der ganzen Veranstaltung folgen. Über Gustavs Schulter hinweg sah ich dann doch noch einen Teil des Vortrags, bevor mir Andy Weisner, ein weiterer Volunteer und einer meiner besten Freunde, begeistert davon berichtete und erzählte wie er mithilfe von minmax-Functions flexiblere Layouts im Design System seines Arbeitgebers ermöglichen will.
Wir überlegten später, ob es eine korrekte Umsetzung alternativer Farbschemata gibt, die einen kontrastreichen Standard definieren, der auch strengen Barrierefreiheitsvorgaben genügt, dann aber für User, die keinen hohen Kontrast benötigen, pastelligere Designs anwenden und somit eine größere künstlerische Freiheit im Webdesign zu bekommen.
Andy berichtete mir außerdem, wie er die CSS Columns Property wiederentdeckte, um einen Fallback zum ziegelförmigen Masonry Layout zu programmieren, den er ursprünglich mithilfe des nativen Masonry Auto Flow Grid umgesetzt hatte, den es aber bislang nur als experimetelles Feature von Firefox unterstützt wird.
一期一会 — ein ganz besonderer Moment
Ich möchte mich bei Marc Thiele und dem ganzen beyond tellerrand Team bedanken, bei allen Sprecher*innen, Sponsoren und allen die dort waren. Danke für einen ganz besonderes inspirierenden Moment, einen Ichi-go Ichi-e (一期一会) wie Geri Coady sagen würde. Besonders war im übrigen auch Noma Bars Graphic Storytelling. Nachdem Noma durch den Umzug von Israel nach England die hebräische Typographie als grafisches Ausdrucksmittel verlor, entschied er sich stattdessen für Grafik, die ganz ohne Worte und Buchstaben Geschichten erzählt und trotz Kriegen und Krisen Hoffnung verbreitet.
Dankend erwähnen möchte ich bei dieser Gelegenheit auch einige Tools, die mir sehr dabei helfe, zweisprachig zu bloggen. Da gibt es LEO, ein mehrsprachiges Fremdwörterbuch, das die Universität München zu erstaunlich günstigen Preisen öffentlich zur Verfügung stellt, und dann gibt es Linguee, ein digitales Nachschlagewerk dass ganze Textpassagen aus dem Internet auf Englisch und Deutsch gegenüberstellt und mir sogar schon Textausschnitte präsentierte, die ich selbst in diesem Blog veröffentlicht habe. Außerdem gibt es noch Grammarly , eine in der Ukraine entwickelte App, die meine englischsprachigen Texte schon während des Schreibens korrekturliest.
Dank gebührt auch den Sponsoren, die die Konferenz mit Speisen und Getränken, Aufklebern, Preisen, Inspiration und Unterhaltung bereicherten: Smashing Magazine, Wacom, awork, sipgate, AOE, Riege Software, skate-aid, makuyuni, das wohltätige Wunsch-Graffiti, storyblok, Kirby, sum cumo sapiens, metapaper, reinorange, Kom KuK, und die Stadt Düsseldorf.
Last but not least, danke DJ Tobi Lessnow! Seine live gemixte elektronische Musik mit Sprachsamples der Vorträge und belebenden Beats mag einer der Gründe dafür sein, dass schon am Montagmorgen eine ungewöhnlich motivierte Stimmung herrschte, die sich schon am egeisterten Applaus zu Beginn des Eröffnungsvortrags von Linda Liukas zeigte.
Wie schon erwähnt ist dieser Artikel ein Work in Progress. Ich werde nicht viel am schon geschriebenen ändern, aber nach und nach Links zu anderen Artikeln und zu den aufgezeichneten Videos ergänzen.
Allen, die in diesem Jahr noch Zeit und Lust auf ähnliche Veranstaltungen in Hamburg und Berlin haben, möchte ich hiermit die beiden anstehenden Veranstaltungen von Marc Thiele empfehlen: