Machen statt meckern: ein sommerlicher Selbstversuch gegen das Homeoffice-Dilemma.
Dies ist der erste Teil meiner unnötigen Artikelserie Hipsterillusionen im Café und Campervan.
Schnell scheitert der schöne Schein des digitalen Nomadentums im nächsten heimatlichen Straßencafé. Wenn denn überhaupt eines geöffnet hat und schnell genug mit Radel oder Straßenbahn erreicht werden kann, und die „Daily“ Tagesbesprechung mit den Kolleginnen und Kollegen nicht auf der Parkbank stattfinden muss, stellt sich schnell heraus, dass deutsche Cafés entweder Steckdosen oder W-LAN für die Gäste haben, aber nicht beides zugleich und oft weder das eine noch das andere.
Die Plätze sind begrenzt, der Kaffee stark und teuer, und die Hipster-Mahlzeit lockt aggressive Wespen an, deren Stich meine Hand so bedrohlich anschwellen lässt, dass ich weder schreiben noch tippen kann. Apotheken gibt es glücklicherweise reichlich, somit ist die Allergie genauso schnell beseitigt, wie der Akku meines teuren Firmenrechners sich leert, wenn ein bisschen Devops mit Docker und regelmäßige Videokonferenzen zur Tagesordnung gehören.
Mehrere Netze verweigern mir zudem den Zugang per VPN ins Intranet der Firma, so dass ich mit meinem Telefon einen Hotspot öffne und über meinen privaten Datentarif surfe. Ein Kollege berichtet aus Taiwan, dass dort landesweit schnelles Internet verfügbar ist, aber Programmierer maximal 4 Stunden im gleichen Café arbeiten dürfen.
Vielleicht sind meine „First World Problems“ (Luxusprobleme) typisch deutsch, aber einige scheinbare Lösungen der „echten Digitalnomaden“ funktionieren auch nur deshalb, weil wir als Globalismusgewinner billig in die so genannte dritte Welt fliegen und dort für geringes Geld von denen bedient werden können, die wir durch unseren Lebensstil unterdrücken.
Fazit: ein paar Stunden Arbeit im sonnigen Café sind eine inspirirerende Abwechslung vom Schreibtisch, aber um außerhalb von Wohnung und Büro ernsthaft länger zu arbeiten, ist ein Coworking-Space die bessere Alternative.